Kurze Vereinschronik
Nach dem 2. Weltkrieg hatten die Menschen wahrhaftig andere Bedürfnisse, als die nach Blasmusik. Nachdem sich die wirtschaftlichen Verhältnisse langsam besserten, entstand doch wieder der Wunsch nach musikalischer Unterhaltung. Diese sollte billig im Unterhalt sein und die landesüblich vertrauten Weisen spielen, also Polka, Böhmische, Walzer, Märsche. Es hatte zwar um 1920 schon eine Blaskapelle im Dorf bestanden. Diese war als Unterabteilung der FFW Dietersdorf aufgetreten und ihre Hauptaufgabe war, bei feierlichen Auftritten der Feuerwehr, bei Beerdigungen, Gedenktagen den Feuerwehrmännern eine Art Gleichschritt vorzugeben und eventuell ein- oder zweimal im Jahr beim Faschingsball oder der Theateraufführung im Sperl - Saal (Gasthof Post) zur Unterhaltung aufzuspielen. Solch einfachen Ansprüchen genügte die Feuerwehrblaskapelle vollkommen. Als dann zwischen den Kriegen alles Vereinsleben von den nationalsozialistischen Machthabern entweder aufgelöst wurde oder sich völlig unterzuordnen hatte, verschwand die Dietersdorfer Blaskapelle spurlos von der Bildfläche. Georg Hauer, geb. 1924, war nach dem 2.Weltkrieg schon im Vorstand der FFW Dietersdorf tätig als Kassier und hatte sich um Belange der FFW - Musiker zu kümmern, die finanzieller Art waren. Er war zuständig für das Antreten der Musikkapelle (einsagen). Damals musste dann zu Fuß zu jedem Musiker marschiert werden und ihm Bescheid gegeben werden.
Er erinnert sich daher auch noch an die Namen der Bläser:
Hauer Mich - Bass Sperl Paul - Basstrompete
Bayer Ludwig - Flügelhorn Ebnet Johann - Trompete
Fischer Xaver (Schwarz)- - Althorn Bayer Baptist - Klarinette
Ebnet Josef - Trompete Völkl Johann - Althorn
Liebl Adam Ebnet Albert
Kaiser Schousta von Plöß
Im Jahr 1953 Jahre wurde für den Feuerwehrball eine Musik benötigt. Xaver Sperl und Michl Hauer als Motorradbesitzer und Musikfreunde machten sich an einem kalten Wintertag auf eine Reise in die Umgebung, um eine Kapelle zu organisieren. In Eslarn waren sie erfolgreich. Honorar für die Musik: 100 Mark und Freibier. Leider brach kurz darauf in der ganzen Gegend beim Viehbestand die Maul- und Klauenseuche aus. In deren Folge wurden auch menschliche Kontakte zwischen den Ortschaften auf das allernotwendigste beschränkt, d.h. mit dieser Musik war es nix.
Also überlegten die Dietersdorfer:
Warum sollen wir von anderen abhängig sein? Wir schaffen uns eine eigene Musik.
Das war leicht gesagt, aber nicht leicht getan.
Für den Aufbau einer neuen Blaskapelle wurde dreierlei benötigt:
Spieler, Instrumente und Noten und eventuell ein Fachmann, der sein musikalisches Wissen vermittelte.
Große Anfangsschwierigkeiten
Den Spielern, die vor dem Krieg musiziert hatten und meist durch Kriegsfolgen, Gefangenschaft und Verwundungen beeinträchtigt worden waren, stand kein Sinn mehr nach fröhlicher Musik. Sie winkten ab. So machten sich 1953 Xaver Sperl, Michl Hauer und Georg Hauer auf und sprachen im gesamten Dorf junge Männer an, um sie für die Mitwirkung in einer neuen Blasmusikkapelle zu begeistern. Interessenten gab es genug, Instrumente zu beschaffen war schon schwieriger, ebenso das notwendige Notenmaterial. So wurden längst ge- und verbrauchte Trompeten wieder zu neuem Leben erweckt. Etwas Neues zu erwerben, konnten sich die meisten nicht leisten. Der Bassspieler z.B. erwarb seine Tuba vom Vorbesitzer nicht für bares Geld, er musste stattdessen auf dessen Bauernhof als Helfer beim Dreschen mit zupacken.
Anton Flöttl sen. aus Schönsee war es, der mit unendlicher Mühe, Geduld und Übungsarbeit den jungen Spielern die theoretischen und praktischen Grundlagen beibrachte, sodass man nach einiger Zeit daran denken konnte, musikalisch an die Öffentlichkeit zu treten.
Auf die Zeit der Euphorie und Anfangsbegeisterung folgte zunächst erst einmal Ernüchterung. Manch einer der gerne gewollt hätte, musste nach mehreren Monaten feststellen, dass er nicht die nötige Ausdauer besaß.
Fortschritte
Die musikalische Qualität der inzwischen geschrumpften Truppe begann sich schlagartig zu verbessern, als ein neuer Mann zum Ausbilder verpflichtet wurde:
Max Schmid (Präßl Max) aus Eslarn.
Der ehemalige Militärmusiker war auch ein exzellenter Praktiker und unermüdlicher Antreiber. Besessen von seiner Musik, gab er sich auch bei hartnäckiger Begriffsstutzigkeit nicht geschlagen und meinte bloß: „Den bring i a nu soweit....“ Zusätzlich zu reinen Tonübungen wurde jetzt erstmalig Unterhaltungsmusik im Stil der Zeit eingeübt: Die drei ersten Stücke haben sich den Männern der ersten Stunde bis heute unauslöschlich eingeprägt: MÄDCHEN-SCHMERZ-WALZER, FREDI-GALLOPP und BRAUCHST DU EINEN MANN, LUISE? Die Noten hat der Max während der Probe kopiert, das heißt mit der Hand abgeschrieben und vervielfältigt.
Um die noch bescheidene Marschierfähigkeit „seiner“ Musikanten schnell zu verbessern, verfiel er darauf, bei der Beerdigung eines Einwohners aus Friedrichshäng alle Wege, die ja damals zu Fuß zurückgelegt werden mussten, zwecks Marschierübung im Gleichschritt mit klingendem Spiel zurücklegen zu lassen. Friedrichshäng - Weberhäuser - Dietersdorf - Schönsee - Dietersdorf = rund 9 km. Da haben die Musikanten geschwitzt, denn es ging ja auch bergauf. Aber geholfen hat`s. Max: „ Denen mou erscht amol der Bleberer anlaufen, dann wer´ns Musikanten“. (Erst wenn ihnen die Lippen so geschwollen sind, dass sie kein Gefühl drin spüren, dann werden aus ihnen richtige Musikanten).
Die ersten Bläser hießen
Johann Ebnet, aus Weberhäuser - Alfred Bayer, Franz Hauer, Johann Posset sen., Helmut Schreiber, Georg Bayer, Hans Zach, Michael Ebnet, Georg Sperl aus Dietersdorf - Hans Busch, Hans Gradl, Hans Knott, Xaver Stangl, aus Friedrichshäng.
Die Proben fanden „von Haus zu Haus“ statt und begannen im Hause Hauer, wechselten zu den Fam. Schreiber, Bayer, Posset, Linsmeier und sind seit 1977 in einem Raum des freigewordenen Schulhauses.
Der Anzug der Musiker bestand aus dunkler Hose, weißem Hemd und einer Schirmmütze mit einem Musikabzeichen. Diese Mützen waren eine Stiftung der Gemeinde Dietersdorf im Werte von 13 Mark pro Stück. Als Gegenleistung erwartete diese dafür, dass die Kapelle ein ganzes Jahr lang bei öffentlichen Einsätzen ohne Honorar auftrat. Kein schlechtes Geschäft!